Jun.-Prof. Dr. Jan-Hendrik Bakels
Juniorprofessor
Koordination Arbeitsbereich Digitales
Kolleg-Forschungsgruppe Cinepoetics
Grunewaldstr. 35
Raum 126 (Anbau)
12165 Berlin
Projektbeschreibung: Virtuelle Subjekte – Auto-Affizierung und kinästhetische Aneignung als Taktiken der Subjektivierung in Film, Serie und Videospiel
Videospiele haben in den letzten zwei Jahrzehnten den Sprung vom Nischenphänomen ins Zentrum der audiovisuellen Unterhaltungskultur vollzogen. Aus ökonomischer Perspektive bewegen sich der Videospielmarkt und jener für Spielfilme seit Jahren auf Augenhöhe. Zugleich haben medientechnologische Entwicklungen – vor allem die Verbreitung des Smartphones – dazu beigetragen, die Videospielkultur weiter auszudifferenzieren: in der Unterscheidung zwischen aufwändig produzierten Blockbustern und sogenannten Casual Games ebenso wie mit Blick auf eine sich zwischen diesen Polen aufspannende Nische für sogenannte Independent-Produktionen. Innerhalb der Games Studies wird dieses Gegenstandsfeld immer noch weitgehend von narratologischen, ludologischen (d. h. spieltheoretischen) und medienethnologischen Konzepten abgedeckt.
Die Tatsache, dass sich viele Videospiele mit Blick auf Charaktere, fiktionale Welten und Genres auf die Bilderwelten von Spielfilmen, TV-Serien oder Comics beziehen, ist bisher nahezu ausschließlich narratologisch betrachtet worden (Stichwort: ‚transmediales Erzählen‘); eine medienästhetische Untersuchung der Modulation subjektiver Erfahrungen über verschiedene Mediengattungen hinweg steht hingegen aus – nicht zuletzt, da ein solcher Ansatz eine ganze Reihe methodologischer Fragen aufwirft. Das Habilitationsprojekt möchte eine computergestützte Methode zur Analyse und Visualisierung audiovisueller Kompositionsmuster in Anschlag bringen, um Videospielbilder in vergleichender Perspektive als Dokumente einer rhythmisch-kinästhetischen Aneignung kinematografischer und televisueller Bildräume durch die SpielerInnen zu untersuchen. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Subjektivierungseffekte audiovisueller Bilder im Medienvergleich gelegt.
Jan-Hendrik Bakels ist seit Oktober 2017 Juniorprofessor für Poetologien audiovisueller Bilder am Seminar für Filmwissenschaft und der Kolleg-Forschungsgruppe Cinepoetics an der Freien Universität Berlin. Seit 2015 (Vorphase) bzw. 2016 (Hauptphase) leitet er die BMBF-eHumanities-Nachwuchsgruppe Affektrhetoriken des Audiovisuellen (Filmwissenschaft / Computational Science; bis November 2020).
Zuvor war er als Wissenschaftlicher Koordinator (2013–2015), bzw. als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (2009–13) am interdisziplinären Exzellenzcluster Languages of Emotion der Freien Universität Berlin tätig. Dort forschte er in den Projekten Affektmobilisierung und mediale Kriegsinszenierung (Filmwissenschaft), Verarbeitung affektiver Information im Medienvergleich (Filmwissenschaft / Psychologie) und Dynamik der Affizierung des Zuschauers durch Film (Filmwissenschaft / Psychologie). Er promovierte im Jahr 2014 mit einer Dissertation zur affektiven Qualität kompositorischer Verschränkungen von audiovisuellen Rhythmen, filmischer Bewegung und Filmmusik.
Lehrveranstaltungen (seit Berufung, Oktober 2017):
WS 19/20:
Spiele spielen. Zur Performativität des Videospiels
Rhetorik der Krise/Krisenrhetorik. Sozio-politische Krisen im audiovisuellen Bild
SoSe 19:
Poetologien der Modulation. Zur Affektdramaturgie der TV-Serie
Einführung i. d. Filmtheorie
WS 18/19:
Who am I? Subjektivität und Genre im Videospiel
Einführung i. d. Filmanalyse
SoSe 18:
Die Ich-Welt-Maschine. Der kinematorgrafische Subjektivitätseffekt als historische Kategorie im Hollywood-Kino
Goonies Never Say Die! Poetiken der Euphorie im Kinder- und Jugendfilm der 1980er-Jahre
WS 17/18:
Let’s play. Perspektiven und Methoden der Videospiel-Analyse
Rhythmus, Betonung, Signifikation. Zur Poetik des Akzents
Affekttheorien und Poetologien audiovisueller Medien
Audiovisueller Rhythmus
Methodologische Grundlagen der Filmanalyse
Digital Film Analysis
Musik und bewegtes Bild innerhalb der Populärkultur
Poetiken des Virtuellen in Film, Serien und Videospiel
Game Studies
Monografien
Bakels, Jan-Hendrik (2017) Audiovisuelle Rhythmen. Filmmusik, Bewegungskomposition und die dynamische Affizierung des Zuschauers. Berlin/Boston.
Sammelbände:
Kappelhoff, Hermann / Jan-Hendrik Bakels / Hauke Lehmann / Christina Schmitt (Hg.) (2019): Handbuch Emotionen. Stuttgart.
Aufsätze:
Bakels, Jan-Hendrik (2019): Zwischen Fiktion, Spielfreude und Kinästhesie. Zur emotionalen Erfahrung im Videospiel. In: Hermann Kappelhoff / Jan-Hendrik Bakels / Hauke Lehmann / Christina Schmitt (Hg.): Handbuch Emotionen. Stuttgart, S. 458–465.
Kappelhoff, Hermann / Jan-Hendrik Bakels (2019): Audiovisuelle Affekte. Die Emotionstheorie des Films im Spannungsfeld von früher Filmtheorie, Kognitionstheorie und Medienästhetik. In: Hermann Kappelhoff / Jan-Hendrik Bakels / Hauke Lehmann / Christina Schmitt (Hg.): Handbuch Emotionen. Stuttgart, S. 445–451.
Bakels, Jan-Hendrik / Regina Brückner (2019): Von der melodramatischen Komödie zur Gemeinschaft der Liebenden. Versuch einer Poetologie der Romantic Comedy in drei Skizzen. In: Matthias Grotkopp / Regina Brückner / Bernhard Groß / Eileen Rositzka (Hg.): Im Verwandeln der Zeit. Reflexionen über filmische Bilder. Berlin, S. 33–50.
Bakels, Jan-Hendrik (2018): Halbwelten und Doppelfiguren; in: Hermann Kappelhoff, Daniel Illger, Chrisitine Lötscher (Hg.): Filmische Seitenblicke. Cinepoetische Exkursionen ins Kino von 1968. Berlin/Boston.
Kappelhoff, Hermann / Jan-Hendrik Bakels (2018): Das Melodram. In: Markus Stiglegger (Hg.): Handbuch Filmgenre. Wiesbaden.
Bakels, Jan-Hendrik (2014) Embodying audio-visual media. Concepts and transdisciplinary perspectives. In: Body – Language – Communication. An International Handbook on Multimodality in Human Interaction (Hg. von Cornelia Müller, Alan Cienki, Ellen Fricke, Silva H. Ladewig, David McNeill und Jana Bressem). Berlin/Boston, S. 2048–2061.
Pehrs, Corinna; Desorno, Lorenz; Schlochtermeier, Lorna; Bakels, Jan-Hendrik; Kappelhoff, Hermann; Jacobs, Arthur M.; Fritz, Tom; Kolesch, Stefan; Kuchinke, Lars (2013) How music alters a kiss: superior temporal gyrus controls fusiform-amygdalar effective connectivity. In: Social cognitive and affective neuroscience, S. 1770–1778.
Bakels, Jan-Hendrik (2013) Der Klang der Erinnerung. Filmmusik und Zeitlichkeit affektiver Erfahrung im Vietnamkriegsfilm In: Mobilisierung der Sinne. Der Hollywood-Kriegsfilm zwischen Genrekino und Historie (Hg. von Hermann Kappelhoff, David Gaertner und Cilli Pogodda). Berlin, S. 266–306.
Vorträge (nur der letzten beiden Jahre):
Audiovisual Rhetorics of Affect. Research Goals and Theoretical Background. Vortrag auf dem Workshop Exploring Audiovisual Composition – Images of Crisis in Potsdam, November 2019.
Tools computergestützter Filmanalyse. Filmwissenschaftliche Prämissen und Zielsetzung. Vortrag auf dem Joint Digital Humanities Fund Workshop in Zürich, November 2019.
Materialität, Subjektivität, Performanz – Ansätze einer Phänomenologie des Videospiels. Vortrag auf der Jahreskonferenz der Gesellschaft für Medienwissenschaft 2019 in Köln, September 2019.
Paranoid Android. Zur Differenz von Mensch und Menschlichkeit in Westworld und Detroit Become Human. Vortrag auf der Jahreskonferenz der Gesellschaft für Fantastikforschung in Berlin, September 2019.
What’s Your Game? A Digital Approach to Aesthetic Experience in Video Games. Vortrag auf der DH-Conference 2019 in Utrecht, Juli 2019.
Digitale Tools zur Videoannotation und Filmanalyse. Vortrag auf dem 4. Workshop der AG Filmwissenschaft in Bonn, Mai 2019.
Studying Audio-Visual Rhetorics of Affect. Digital Methods for the Comparative Empirical Analysis of Film Corpora. Vortrag auf dem Workshop Corpus Analysis of Time-Based Arts & Media in Berlin, November 2018.
Tactical subjectivity. Kinaestetic appropriation and strategies of auto-affectivity in video game practice. Vortrag auf der NECS-Jahreskonferenz in Amsterdam, Juni 2018.
Matching Computational Film Analysis and Human Experience. Studies in Audio-Visual Rhetorics of Affect. Vortrag auf dem Workshop Computer-based Approaches for the Analysis of Film Style am ZeM / Potsdam, Mai 2018.